Doppelte Zeitenwende in der Kinder- und Jugendhilfe
Anhand von Impulsen und Beispielen guter Praxis wurde sehr deutlich, dass sich die Kinder- und Jugendhilfe in einer doppelten Zeitenwende befindet: Auf der einen Seite führen steigende Bedarfe in der Kinder- und Jugendhilfe zu einem hohen Druck in den Jugendämtern und in den Einrichtungen und Diensten. Steigende Zahlen von Kindeswohlgefährdungen, zu wenige Inobhutnahmeplätze, hohe Zahlen unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter und der Mangel an qualifizierten Fachkräften, der schon zu Schließungen von Gruppen führt, zeigen die Grenzen des Systems deutlich auf. Dr. Susanne Pauser, Personal-Vorständin des Deutschen Caritasverbandes machte deutlich, dass wir derzeit am Anfang des demografischen Wandels stehen. Sie führte aus, dass in den nächsten Jahren ca. 20 % der derzeit Beschäftigten in den Ruhestand gehen und nicht durch neue Bewerber*innen zu ersetzen sein werden. Andererseits ist auf Bundesebene mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz 2021 ein Epochenwandel eingeläutet worden, welcher das Feld mittelfristig stark verändern wird. Mit dieser sogenannten "inklusiven Lösung" ist unmittelbar die Frage verbunden, wie sich Innovation und Weiterentwicklung angesichts des an vielen Stellen angespannten Systems realisieren lässt.
Die eine Lösung gibt es nicht
"Es brauch zahlreiche Mosaiksteine, um den vielfachen Krisen zu begegnen", so Dr. Klaus Esser, Vorsitzender des BVkE. Mit dem starken Rückhalt der Mitgliedseinrichtungen ist der BVkE gut aufgestellt und ein starkes, innovatives Netzwerk.
Ein entscheidender Faktor für eine gelingende Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, welche den Schutz und das Wohl junger Menschen sicherstellt, ist eine gut vernetzte kommunale und bundesweite Verantwortungsgemeinschaft von freien und öffentlichen Trägern, die ein interdisziplinäres Netzwerk bilden. Es gibt dabei kein Patentrezept, wichtig ist jedoch, dass man von der Reaktion auf akute Krisen in eine Aktion zur Gestaltung zukünftiger Herausforderungen kommt.
In der Mitgliederversammlung wurden Potentiale für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter vorgestellt und diskutiert:
Beispiele dafür sind die Hervorhebung der sinnstiftenden und nachhaltigen Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe zu nennen, kreative Ideen, um auf Interessierte zuzugehen, Qualifizierung von Quereinsteiger*innen, Bindung von Mitarbeitenden durch flexible Dienst- und Lebens-Zeitplanungen, Tarifbindung als Qualität und das Aufzeigen christlicher Werte im Rahmen des Profils.
Arbeit an der Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe
Neben zahlreicher Projekte hat der BVkE seine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Caritasverband intensiviert und sich beispielsweise für eine einfachere Anerkennung ausländischer Qualifikationen ausgesprochen. Zur Weiterentwicklung von Einstiegsmöglichkeiten wird gemeinsam mit dem Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) wird an der Qualifikation für Quereinsteiger*innen gearbeitet.
Um die kurz-, mittel- und langfristigen Herausforderungen aktiv anzugehen und Lösungsperspektiven zu entwickeln, hat der BVkE-Vorstand eine Task Force eingerichtet. Deren Ziel ist es, operativ und strategisch Wege zu entwickeln, die fachlichen, strukturellen und gesellschaftlichen Aufgaben der kommenden zehn Jahre zu bewältigen.